BGH streicht fiktive Abrechnung im Werkvertragsrecht!

19. März 2018 Wichtig: Das gilt jedoch nur für die fiktive Abrechnung im Bau- und Werkvertragsrecht und nicht für den Bereich KFZ-Schaden. Auswirkungen kann das Urteil dennoch für den Automobilsektor haben, nämlich dann, wenn es nach einer Fahrzeugreparatur um Gewährleistung geht. Denn jede Reparatur ist ein Werkvertrag. In der Baubranche wird das BGH-Urteil zu erheblichen Veränderungen führen. Was Sie sonst noch wissen müssen, haben wir für Sie zusammengefasst:

Keine Auswirkungen auf Kauf- und Deliktsrecht

Das Wichtigste vorweg: Der BGH sieht keine Auswirkungen auf den Bereich Kauf- und Deliktsrecht (z. B. Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall). Die Entscheidung hängt mit den besonderen Merkmalen bzw. Eigenheiten des Werkvertragsrechts zusammen. Es bleibt abzuwarten, ob die Versicherungswirtschaft und Rechtsprechung versuchen wird, diese Entscheidung auch auf andere Bereiche auszudehnen.

Fiktive Abrechnung bedeutet, dass der Geschädigte entscheiden kann, ob er möchte, dass ein Mangel behoben wird oder ob er mit dem Mangel lebt und einfach das Geld für die fiktiven Reparaturkosten erhält.

Ein Beispiel

Herr Müller baut ein Haus. Die Firma XY verlegt die Fliesen im Bad. Firma XY schlampt, die Bodenfliesen sind uneben. Herr Müller denkt sich, halb so schlimm, Teppich drauf, sieht keiner. Er beauftragt einen Gutachter, um die Beseitigungskosten zu ermitteln und will sich den entsprechenden Betrag auszahlen lassen. Der Garten muss ja auch noch gemacht werden.

Diese Möglichkeit untersagt der BGH jetzt!

Das steht im Urteil

Im Leitsatz des Urteils heißt es: „Der Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, kann im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung … gegen den Unternehmer … seinen Schaden nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen …“ (BGH, Urteil vom 22.02.2018, Az. VII ZR 46/17)

Das bedeutet also, dass der Auftraggeber, der ein mangelhaftes Werk erhalten hat, nicht mehr nach Gutachten abrechnen und den Mangel einfach so belassen kann.

Keine fiktive Abrechnung? Und jetzt?

Welche Möglichkeiten hat Herr Müller nun nach diesem Urteil? Ihm stehen natürlich die normalen Gewährleistungsansprüche zu. Er kann also den Schaden beheben lassen. Sollte die Firma XY den Mangel nicht beseitigen können oder wollen, kann Herr Müller einen andere Firma beauftragen.

Und wenn Herr Müller Geld statt der Reparatur möchte? Dafür hat der BGH einen komplizierten Ausweg entwickelt. Der BGH hat eine so genannte Differenz-Theorie geschaffen. Ähnlich wie bei der Wertminderung im KFZ-Schaden muss man den Wert des Eigentums mit und ohne Mangel vergleichen. Man müsste dann untersuchen, ob Herr Müllers Haus mit unebenen Fliesen weniger Wert wäre, als mit korrekt verlegten Fliesen. Diese Differenz müsste die Firma XY dann ausgleichen. Die Differenz wird jedoch in der Regel deutlich niedriger als die Reparaturkosten sein.

 

Sollten Sie Fragen zum Thema haben, melden Sie sich gern!